175 Jahre Leder von Lamparter seit 1848 Seit 175 Jahren leitet die Familie Lamparter das 1848 gegründete Unternehmen durch spannende Zeiten. Gegründet 1848 als Gerberei in Tuttlingen, Württemberg, wurde es 1930 zur Vergrößerung nach Lahr/Baden verlegt, wo bis 1995 Leder hergestellt wurde. Hier wird es ab 2001 als Lederhandel weitergeführt. 2020 war der Abschluss des Umbaus des ehem. Fabrikgebäudes zu einem zukunftsweisenden, attraktiven Wohnprojekt. Die Herstellung und Verkauf von Leder hat eine sehr lange Tradition in der Familie Lamparter. Martin Lamparter steht heute als 8. einer langen Reihe von Gerbermeistern, die ursprünglich aus Reutlingen über Tuttlingen nach Lahr kamen. Die ersten Generationen waren „Rotgerber“, so genannt durch die rötliche Farbe der mit pflanzlichen Gerbstoffen hergestellten Leder. Die Chronologie
↑nach oben↑ Gründung 1848 in Tuttlingen 1848 gründete Konrad Martin in Tuttlingen eine Gerberei. Er war Weißgerber. Schon sein Großvater und sein Urgroßvater waren Gerber gewesen, allerdings Rotgerber. Umzug nach Lahr 1930 Der Betrieb in Tuttlingen wurde zu klein, sollte erweitert werden. Als Alternative zu einem Neubau erstand Adolf Lamparter in Lahr/Baden eine ehemalige Schnupftabakmühle. Interessant war dieses Mühlenanwesen, weil damit ein Wasserrecht zur Nutzung des Wassers als Kraftquelle verbunden war. 2 große Wasserräder der ehemaligen Mühle konnten hier über Transmissionen, die unter den Decken installiert wurden, die Gerbfässer antreiben. Ein weiteres Argument für den Umzug nach Lahr war die deutlich bessere Infrastruktur mit den nahen Rheinhäfen und der großen Rheintal-Bahnlinie. LKWs, die wie heute selbstverständlich überall hinfahren, gab es damals nicht. In Lahr wurde während den Kriegsjahren stark eingeschränkt gearbeitet. Die im Bewirtschaftungs- System der NS-Zeit zugeteilten Häute, die bearbeitet werden konnten, waren sehr begrenzt. Da Adolf Lamparter nicht in die NSDAP eintreten wollte, konnte er auch nicht auf bessere Zuteilungen von Rohfellen bauen. Die aus Kleintierfellen von Schafen und Ziegen bei Lamparter hergestellten Leder eigneten sich auch nicht für sog. Kriegsgüter wie Stiefel und Pferdegeschirre. Nach der Besetzung Polens durch Hitler-Deutschland nahm Adolf Lamparter sen. seinen Sohn aus dem Gymnasium. Er sollte das Gerberhandwerk lernen. Der Sohn fügte sich als einziger Sohn und erlernte den Traditionsberuf. Daraufhin folgte der Einberufungsbescheid zur Marine. Nach der Grundausbildung in Breda (Belgien) wurde er nach Südfrankreich in die Pyrenäen als Soldat einer Radareinheit versetzt. In den Jahren des Militärdienstes war Adolf Konrad zeitweise vermisst, was die Familie sehr sorgte und belastete. 1946 kam er körperlich unversehrt aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück. ↑nach oben↑Aufbruch nach 1945 Nachdem das durch die französische Besatzung eingerichtete Warenbewirtschaftungssystem gelockert wurde, konnte sich die Lederfabrik Lamparter in Lahr, vor allem nach der Währungsreform 1948, gut entwickeln. Neben pflanzlich gegerbten, sog. lohgaren Schafledern für die Orthopädie wurden auch Schafpelze hergestellt, die ihre Verwendung hauptsächlich als Warmfutter für Schuhe fanden. Die damaligen Klimaverhältnisse und die Tatsache, dass viel mehr als heute zu Fuß erledigt wurde, erforderte gutes und situationsgerechtes Schuhwerk. In den Jahren nach 1945 wurde mit der Schafpelzherstellung auch für die Lederherstellung die sog. Chromgerbung eingeführt. Dies öffnete neue Möglichkeiten. In den 1960er-Jahren wurde die Produktion von Schafleder auf Ziegenleder umgestellt. Ziegenleder, als Top-Produkte die sog. „Chevreauxleder“ gilt als ideales Leder z.B. für die Herstellung leichter, auch modischer Schuhe, insbesondere Damenschuhe für Galanterie sowie den Komfortschuhbereich. In den frühen 1950-Jahren wurden die gusseisernen Wasserräder der Gerberei durch eine Voith-Wasserturbine System Francis ersetzt. Damit war es möglich, neben den Transmissionsantrieben auch Strom zu erzeugen, der in der Fabrik genutzt werden konnte. Neustart nach dem Großbrand 1955 1955: In der Nacht zum 6.Dezember vernichtete ein Großbrand den größten Teil des Fabrikgebäudes bis auf die Außenmauern sowie Teile des angrenzenden Büro- und Wohngebäudes. Mit der kontinuierlichen Optimierung der Herstellung von Ziegenleder, als Top-Produkt das berühmte Chevreauxleder, wuchs der Betrieb stetig. Die Entwicklung neuer Maschinen und Verfahren erlaubt immer moderne Fertigungsmethoden. Deshalb wurden in den frühen 1980er-Jahren die Räumlichkeiten erweitert, um Raum für moderne Herstellungsverfahren zu gewinnen. Die technische Ausrüstung war immer auf modernem Stand. Technische Errungenschaften, wie z.B. programmierbare Prozesssteuerungen, die Adolf jun. in der Textilindustrie kennenlernte, führte er schon seit den 60er-Jahren in seinem Betrieb ein. Der Betrieb wuchs kontinuierlich. In den 1980er-Jahren arbeiteten 50 Personen alleine in der Fertigung. Chevreaux war ein beliebtes Leder für die Herstellung modischer, sowie orthopädischer Schuhe. Mit ihm konnten leichte, bequeme und dennoch formstabile Schuhe hergestellt werden. Anders als Rindshäute fallen Ziegenfelle in nennenswerten Mengen nur in bestimmten Regionen der Welt und saisonal an. Im Frühjahr sind die Schlachtzeiten. Bis die Häute trockenkonserviert zur Verfügung stehen, vergehen dann noch einige Monate. Die Logistik mit langen Verschiffungszeiten muss ebenso eingeplant werden. Die Jahresplanung für eine Fertigung ist unter diesen Umständen eine sehr anspruchsvolle und kapitalintensive Aufgabe und erfordert die Möglichkeit einer entsprechend langfristigen Produktionsplanung. Durch die 100%ige Abhängigkeit im Einkauf der Rohfelle vom Ausland war es wichtig, diese Versorgung abzusichern. Die Rohfelle (bei Kleintierhäuten spricht man von „Fellen“, bei Großtierhäuten von „Häuten“) kamen meist aus Ländern mit großer Ziegenhaltung. Hauptlieferland war in unserem Fall die VR China, die Adolf Lamparter seit 1972 zur bekannten und berühmten Kanton-Messe besuchte. Besonders in der Mao-Zeit waren dies beeindruckende und prägende Reisen. In China wurden Ziegen in sehr großen Herden gehalten und Felle von hoher Qualität, auch mit entsprechenden Preisen, geliefert. Die langfristige Planung erforderte größere Lagerkapazitäten, als die in Lahr zur Verfügung stehenden. Aus diesem Grund wurde im Hafen in Rotterdam ein Lager unterhalten. ↑nach oben↑Die Auswirkungen der Globalisierung Durch die in den 80er-Jahren schon spürbare Globalisierung, die durch die Wende Ende dieses Jahrzehnts und in den 90er-Jahren immer deutlicher wurde, hat sich die lohnintensive Schuhherstellung immer mehr in kostengünstigere Länder verlagert. Die europäischen Kunden verschwanden teilweise vom Markt oder verlagerten ihre Produktionen teilweise oder ganz ins Ausland. Viele nach Asien, wo in den Herkunftsländern der Rohwaren wie z.B. Indien oder Pakistan große Betriebe aufgebaut wurden, die anfangs Leder, bald Schuhschäfte und dann fertige Schuhe lieferten. In Lahr wurde zur Kompensation des zurückgehenden Chevreaux-Bedarfs zusätzlich Kalbleder für Damenschuhe und die Orthopädie ins Programm aufgenommen. Durch die Verlagerungen von Schuhproduktionen weg aus Westeuropa war ein zukunftssicherer und wirtschaftlicher Betrieb der Lederfabrik allerdings nicht mehr möglich. Dies war der schmerzliche Grund für die Beendigung der Produktion im Jahr 1995. Bis zum Jahr 2001 ruhte das Unternehmen. Um den Verkauf der Technik kümmerte sich Adolf Lamparter mehrere Jahre. Weil die Produktion von Ziegenleder in weit entfernten Ländern war, mussten für die Spezialmaschinen dort Kunden gefunden werden. Nur wenig Technik konnte in Europa verkauft werden. Dafür benötigte der Verkauf mehrere Jahre. Neustart als Handel Martin Lamparter gründete 1996 ein eigenständiges Handelsunternehmen für spezielle Orthopädie-Materialien. Hauptsächlich Leder, die speziell nach seinen spezifischen Vorgaben für diesen Markt hergestellt wurden. Gemeinsam mit einem befreundeten Unternehmen in Norddeutschland wurden gefragte Artikel entwickelt, die heute europaweit verkauft werden. Beim Start des Handelsunternehmens mit Schwerpunkt Orthopädie war die Prämisse, optimale Materialien für den jeweiligen Einsatz anzubieten und bei Bedarf zu entwickeln.
Neben der Orthopädie wurde das Programm um exklusive Leder für den hochwertigen Schuh- und Lederwarensektor erweitert. Schon 1997 begann eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem weltbekannten Lederhersteller Horween in Chicago, USA. Die besonderen Horween-Leder werden durch uns heute in verschiedenen Ländern Europas vertrieben. Allem voran das berühmte Shell Cordovan. Heute ist das Thema Leder immer noch das wichtigste für unser Unternehmen. Doch da, wo andere Materialien optimalere Eigenschaften mitbringen, werden solche entwickelt und angeboten. Unser Ziel ist, den Kunden immer das für sie Optimale bieten zu können. Der Lederhandel von Martin Lamparter wurde im Jahr 2001 in die Lamparter GmbH übertragen und seither erfolgreich weitergeführt. ↑nach oben↑Wohnkonzept Gelbe Mühle 2015 wurde mit der Planung für eine künftige Nutzung der leerstehenden Fabrikgebäude begonnen. Als Projektname haben wir den aus historischen Unterlagen bekannten Namen Gelbe Mühle gewählt. Die sehr solide Bauweise sowie die attraktive Lage boten sich für eine künftige attraktive Wohnnutzung sowie eine Gewerbeeinheit an. In dieser ist heute unser Lager eingerichtet. Damit kam David Lamparter ins Unternehmen. David ist Wirtschaftsingenieur. Im März 2020 war es so weit. Die Umbaumaßnahmen im ehemaligen Fabrikgebäude waren so weit abgeschlossen, dass die ersten Bewohner einziehen konnten. Das Konzept von David mit starkem Fokus auf baubiologisch- und gesundheitsbewusste Bauweise und Gemeinsamkeit mit mehreren Generationen fand großes Interesse. www.gelbemuehle.de Die günstige Lage in der Kernstadt Lahrs mit sehr guter Verkehrsanbindung und dennoch ruhiger Lage in einem baubiologisch und energetisch vorbildlichen Wohnhaus mit den Möglichkeiten gemeinsamer Aktivitäten macht das Leben in der Gelben Mühle sehr attraktiv. Die Entwicklungen im Jahr 2022 haben dies bestätigt. Im Dezember wurde im Rahmen des alle 2 Jahre ausgeschriebenen Wettbewerbs unser Projekt Gelbe Mühle mit dem Landeseffizienzpreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Die Bemühungen um ein sowohl Energie- wie zwischenmenschlich möglichst gutes Wohnkonzept für die Zukunft sind hierdurch belohnt worden. Die sinnvolle Nutzung der Gebäude ist gelungen und ein weiterer Schritt in die Zukunft. ↑nach oben↑ |